SCHULUNGEN / FACHTHEMEN
Die Beschäftigung mit Erde und Pflanzen kann der Seele eine ähnliche Entlastung und Ruhe geben wie die Meditation.“ Hermann Hesse
Tipps und Hinweise zum Obstbaumschnitt
Liebe Mitglieder vom Obst- und Gartenbauverein, Liebe Kiebinger,
leider durften wir diesen Winter pandemiebedingt keine Schnittkurse anbieten. Wir hoffen natürlich, dass dies bald wieder möglich ist. Trotzdem müssen unsere Obstbäume geschnitten werden. Als Alternative geben wir euch hier noch ein paar Tipps und Hinweise für einen fachgerechten Obstbaumschnitt.
Voraussetzung ist gutes Werkzeug und eine gute Leiter. Hier darf man nicht am falschen Platz sparen. Gutes Werkzeug hat man ein Leben lang. Achtet darauf, dass ihr beim Baumschnitt nur zugelassene Obstbaumleitern verwendet. Diese müssen unten Dornen haben, damit sie fest im Boden stehen. Haushaltsleitern und Baustellenleitern sind auf gewachsenem Boden nicht erlaubt. Wenn ihr Anlegeleitern benutzt, immer an einen dicken Ast oder an den Stamm anlehnen und die Leiter oben mit einem Seil oder einem Spanngurt festbinden, damit sie nicht umfallen kann.
Wenn es nicht unbedingt sein muss, sollte man bei Regen oder Schnee nicht auf Bäume oder Leitern steigen. Hier ist die Unfallgefahr am größten. „Es kommen auch wieder schönere Tage“.
Wenn ihr auf der Leiter unsicher seid, leisten Teleskopscheren, Stangensägen und Hochentaster gute Dienste. Auch wenn der Schnitt nicht ganz so perfekt wird wie von der Leiter aus, ist es immer noch besser als von der Leiter zu fallen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Äste nicht ausschlitzen. Daher immer zwei mal sägen. Zuerst den Ast auf einen halben Meter langen Stummel absägen. Wenn der Ast hängen bleibt, diesen mit einem Obsthaken herunterziehen. Dann den Stummel noch mal sauber, dicht am Stamm auf Astring absägen. Es ist verboten mit der Motorsäge oder einem Hochentaster im Baum oder von der Leiter aus zu sägen.
Misteln sollten konsequent beseitigt werden. Sie stehen nicht unter Naturschutz, was fälschlicherweise immer noch behauptet wird. Dieser Halbschmarotzer hat sich die letzten 20 Jahre zu stark ausgebreitet und gefährdet unsere Obstbäume. Die Mistel ist eine zweihäusige Pflanze. Es gibt also männliche und weibliche Pflanzen. Die weiblichen erkennt man an den weißen Beeren. Die männliche Pflanze ist vom Laub her leicht gelblich.
Werden auf einem Obstbaum alle Misteln gelb, ist der Baum nicht mehr zu retten und er befindet sich schon im Absterbeprozess. Hinzu kommen noch die extrem trockenen Sommer der vergangenen Jahre, damit beschleunigt sich dieser Prozess und es sterben immer mehr Bäume ab.
Ist eine Mistel auf einem Fruchtast, immer den ganzen Ast oder zumindest bis zur nächsten Astgabel entfernen. Kommt die Mistel aus dem Stamm oder einem Leitast, muss man die Mistel parallel zum Stamm oder Ast absägen oder herausschneiden. Die Mistel gibt aber nicht so schnell auf und man muss diesen Prozess mehrmals wiederholen.
Ganz einfach ist es auch die kleinen wieder kommenden Misteln bei Frost heraus zu brechen.
Junge Bäume in der Erziehungsphase (10 bis 12 Jahre) sollten unbedingt jedes Jahr geschnitten werden. Dabei ist auf einen stabilen Kronenaufbau mit 3 bis 4 Leitästen zu achten. So wie wir es bei unserem letzten Schnittkurs vorgeführt haben. Die Leitäste jedes Jahr je nach Wuchsstärke 1/3 bis zu 2/3 anschneiden. Starker Rückschnitt gibt einen starken Austrieb. Daher muss man schwäche Äste stark anschneiden, starke Äste dagegen weniger stark.
Bei den älteren Bäumen ist vor allem das alte, abgetragene, nach unten hängende Fruchtholz zu entfernen. Junge, meist leicht nach oben stehende Triebe sollten geschont werden. Nur am jungen Holz bilden sich schöne und gesunde Früchte. Auch von den einjährigen Langtrieben (im Volksmund Wasserschosse) sollten niemals alle entfernt werden. Mindestens 1/3 davon sollten stehen bleiben, weil sich daraus später neue Fruchtäste entwickeln.
Darf ich nach dem 1. März noch Obstbäume schneiden? Ja, Obstbäume sind Kulturpflanzen und die erforderlichen Schnitt- und Pflegemaßnahmen dürfen ganzjährig durchgeführt werden. Dabei ist aber immer auf brütende Vögel zu achten. Wenn ausversehen ein brütender Vogel aufgescheucht wird, ist das nicht so schlimm. Er kommt nach einer gewissen Zeit wieder und brütet weiter. Das Nest muss dann aber in Ruhe gelassen werden und die Pflegemaßnahme erst fortgesetzt werden, wenn die Jungvögel ausgeflogen sind.
Was ist von März bis Oktober im Außenbereich verboten? Bäume fällen, Sträucher und Hecken roden oder auf Stock setzen. Erlaubt ist auch der Rückschnitt vom jährlichen Zuwachs von Formhecken im Sommer. Ebenso Maßnahmen die der Verkehrssicherheit dienen. Aber auch hierbei ist immer auf brütende Vögel zu achten.
Wir wünschen euch eine gute und unfallfreie Schnittsaison.
Euer Ausschuss vom Obst- und Gartenbauverein Kiebingen e. V.